Sex im Mittelalter

Der Sexualtrieb wohnt jedem Menschen inne, deshalb ist Sex zu jeder Zeit und in jeder Gesellschaft ein Thema, das die Menschen umtreibt, ihre Fantasie anregt, sie zu Experimentierenden macht und immer neue Spielarten offenbart.

Im Mittelalter war Sex durch die Einflussnahme der römisch-katholischen Kirche strengen Vorschriften unterworfen und galt als etwas, das der Mann mit der Frau tat, er hatte also stets den aktiven Part zu übernehmen. Wer beim Sex im Mittelalter Spaß empfand, beging eine Sünde. Wie sich der Sex im Mittelalter gestaltete, welche Praktiken und Orte es gab und vor allem, was verboten war und wie bestimmter Sex bestraft wurde, zeigt dieser Beitrag.

Sex im Mittalter – Strafen

Die römisch-katholische Kirche beeinflusste im Mittelalter fast alle Bereiche des menschlichen Lebens und gab sogar vor, was beim Sex erlaubt und vor allem, was streng verboten war und unter Strafe stand. Ob dies mit Religion und Ethik, die wir heute bevorzugen, etwas zu tun hatte, sei einmal dahin gestellt. Weil die meisten Menschen damals nicht lesen konnten, wurde ihnen während der Beichte im Beichtstuhl von den Priestern erklärt, warum und wie sie für „falschen“ Sex Buße tun mussten.

Nimmt man sämtliche kirchlichen Verbote zusammen, so war Sex im Mittelalter ausschließlich Eheleuten an genau vier Tagen im Monat möglich und erlaubt, allerdings nur zum Zweck der Zeugung von Nachwuchs. Wer gegen kirchliche Vorschriften verstieß und erwischt wurde, musste mit Bestrafungen wie Fasten rechnen, konnte aber auch ins Gefängnis oder gar den Kerker geworfen werden. Für besonders schlimme Verstöße konnte sogar die Todesstrafe verhängt werden. Hier einige Beispiele für verbotene Sexpraktiken und die dazugehörigen Strafen:

  • Ejakulation in der Nacht (durch einen feuchten Traum) = Vaterunser oder Ave Maria beten
  • Masturbation = Gefängnishaft oder Kerker
  • Sexstellung (unerlaubt) = Fasten über mehrere Monate oder Jahre
  • Passive Rolle des Mannes (etwa beim Oralverkehr) = Strafe wegen Verstoß gegen natürliche Gegebenheiten
  • Benutzung von Dildos = Fasten für ein Jahr
  • Ehebruch = Pfählung als Strafe
  • Unzucht = Todesstrafe oder Auspeitschung oder Prügelstrafe

Jede sexuelle Praxis musste der „gute“ Christ dem Priester in der Beichte gestehen. Diesem oblag es dann, dem „Sünder“ zu erklären, warum das Getane eine Sünde darstellte und welche Strafe ihn erwartete. Viele dieser im Mittelalter entstandenen Denkweisen finden sich noch heute in den Köpfen vieler Menschen, und selbst in der so offenherzigen Mittelalterstadt Köln gibt es Menschen, die eine Aversion gegen bestimmte Sexpraktiken haben und selbst Corsagen oder Push-Up BHs bei Frauen als Affront gegen schon lange überholte kirchliche Regeln empfinden. Dies und vieles andere im Hinblick auf die Sexpraktiken im Mittelalter sind traditionell Themen von Vorlesungen an Universitäten oder werden etwa im historischen Seminar Braunschweig gelehrt.

Badehäuser im Mittelalter

Tatsächlich wurde Prostitution im Mittelalter sogar von der Kirche stillschweigend geduldet, allerdings lediglich für die Oberschicht, nicht für das gemeine Volk. Dies hatte seinen Grund darin, dass es nach ärztlicher Ansicht gesundheitsfördernd war, mit mehreren Frauen gleichzeitig zu schlafen (siehe 4-Säfte-Lehre).

Daher gab es vor allem im Spätmittelalter in fast jeder größeren Stadt Bordelle. Natürlich hatte auch die mittelalterliche Stadt Köln solche Etablissements. Dort konnten sich die Männer vergnügen, die kirchlichen Regeln umgehen, ihre Fetische ausleben und Sex gegen Bezahlung genießen.

In eine ganz andere Richtung gingen hingegen die Badehäuser des Mittelalters. Sie galten oft als Ort für soziale Kontakte, Geselligkeit und Unterhaltung, an denen über wichtige Themen gesprochen wurde. Dort wurde hauptsächlich Körperpflege betrieben, zunächst ohne nach Geschlecht zu trennen, später führten die Zünfte, welche die Badehäuser betrieben, nach Geschlecht getrennte Räume ein.

So wurden in sogenannten ehrbaren Badehäusern auch kirchliche Vorgaben zum Thema Erotik im Mittelalter berücksichtigt. In diesen Badehäusern gab es den sogenannten Bader, der bei Bedarf sogar medizinische Eingriffe vornehmen konnte. Andere derartige Häuser fungierten eben auch als Bordelle und verzichteten bewusst auf die Geschlechtertrennung.

Pädophilie im Mittelalter

Während Experten Pädophilie heute als psychische Krankheit bewerten, galt es im Mittelalter als vollkommen normal, wenn erwachsene Männer oder Frauen mit 14-jährigen Mädchen oder Jungen intim wurden. Im Mittelalter trat die Geschlechtsreife deutlich früher ein. Mädchen galten mit 12 Jahren als heirats- und gebärfähig, Jungen konnten mit 14 Jahren die Ehe eingehen. Erreichten sie das entsprechende Alter, galten sie nicht als Kinder, sondern als „kleine Erwachsene“.  In diesem Fall war der Vollzug der Ehe auch im Hinblick auf Sex absolute Normalität.

Daraus entstand vor allem in den Herrscherhäusern des Mittelalters die Tradition, den kaiserlichen, königlichen oder fürstlichen Nachwuchs schon im Baby- oder Kindesalter für eine standesgemäße Ehe zu versprechen und ihn so zum Vorteil der eigenen Familie zu verbinden. Je früher und je mehr Kinder gezeugt wurden, desto nützlicher war dies im Mittelalter für die jeweilige Dynastie. Die zu Recht umstrittene und häufig kritisierte Praxis der „Kinderehen“ gibt es heute noch in verschiedenen Kulturräumen.

Fazit

Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass das Mittelalter von einem Dualismus in Sachen Sex geprägt war. Aus kirchlicher Sicht galt Sex im Mittelalter als sündiges Verhalten, selbst innerhalb der Ehe diente er ausschließlich der Produktion von Nachwuchs. Auf der anderen Seite frönten vor allem die Männer der Sexualität mit ihrer Vielfalt.

Es wurde gehurt, jede nur denkbare Sexstellung ausprobiert und selbst Kleriker, also Priester und Mönche der Kirche, erwiesen sich im Verborgenen als Hurenböcke, die ihre sexuellen Lüste hemmungslos auslebten. Das verwundert nicht, wenn man sich bewusst macht, dass Sexualität ein menschlicher Grundtrieb ist, der zu uns Menschen gehört und der sich auf lange Sicht nicht unterdrücken lässt.

Foto: SteveAllenPhoto via Twenty20

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